Greift neben sich und zieht eine Mappe aus ihrer Tasche, in der sie kurz blättert.
Nein, in der Tat scheint ein solches Dossier nicht bei mir gelandet zu sein. Ich werde das prüfen lassen, sobald wir dieses Gespräch beendet haben.
Eine kaum merkliche Pause tritt ein, die Sache ist ihr sichtlich unangenehm - dennoch fährt sie fort.
Wenn Sie mich nach einer kurzen Einschätzung fragen, will ich folgendes zu bedenken geben: Der Beitritt zu einer solchen Organisation geht immer mit der Aufgabe eines gewissen Grades von Souveränität einher und niemals mit der Garantie des Gelingens. Wir haben jedoch den Vorteil, dass wir in einer gleichberechtigten Zusammenarbeit mit anderen Partnern unsere Rolle in der Welt stärken und die Durchsetzung unserer eigenen Interessen und Anliegen werden vereinfachen können. Das gesagte trifft für beide Organisationen, die neue NA und die geplante NAU zu. Bei beiden Organisationen haben wir auch die Chance, als Gründungsmitglied mehr Einfluss zu nehmen als bei einem späteren Beitritt.
Zur NA kann ich nicht viel sagen, das haben wir ja gerade erörtert, der Vorteil wäre sicherlich die Intensivierung unserer Partnerschaft mit Dreibürgen, mit der wir bisher "ganz gut gefahren sind", wie man so schön sagt.
Bei der NAU hat Staatspräsident Landerberg über ein Jahr mit verschiedenen Regierungschefs der nordischen Länder Gespräche führen können und es wird eine modulare Organisation angestrebt. Das heißt, wir könnten für uns selbst entscheiden, wo wir eine Delegation für sinnvoll erachten und wo wir lieber selbstständig bleiben. Wir würden zudem unsere nachbarschaftlichen Beziehungen stärken.
Nun bin ich keine Politikwissenschaftlerin - da müssten Sie Ihren Vorgänger im Amt befragen - aber in meinen Augen ist die Frage nach Supranationalität in unserer Zeit noch immer eine Frage des politischen Willens: Ob man für die Vorteile die Nachteile in Kauf nimmt, also der ökonomische Ansatzpunkt, kann nicht der entscheidende Faktor sein, denn weder das eine, noch das andere ist klar prognostizierbar.
Unabweisbar wird die Welt sich aber nicht aufhalten lassen und - wie auch schon seit einigen Jahrzehnten absehbar - sich mehr und mehr vernetzen. Im Rahmen dieser Globalisierung werden gerade die kleineren Staaten einen schweren Stand haben, noch effektiv eine Rolle zu spielen. Die Machtzentren liegen ja derzeit schon recht klar zwischen Reichstal und Astoria City, vielleicht muss man auch Koskow dazu zählen.