Rollt von seinem Platz Richtung Rednerpult und ist sehr gespannt, ob er mit seiner Rede den gewünschten Effekt erzielen wird - für seinen Geschmack ein ganz besonderes, kurzes Manuskript ist in Zusammenarbeit mit den Beratern entstanden.
Verehrte Frau Senatspräsidentin,
verehre Senatorinnen und Senatoren,
werte Gäste,
meine Damen und Herren,
ich freue mich, heute die 230. Legislaturperiode des Senats der Republik Bergen durch die Vereidigung der gewählten Senatorinnen und Senatoren eröffnen zu dürfen.
Ich erwähnte bereits vor gut vier Monaten, dass dieser neue, hier versammelte Senat einen besonderen Meilenstein in der bergischen Geschichte markiert: Am 23.03.1945 hat Karl Funke, später erster Staatspräsident der jungen bergischen Republik, die Verfassung der Republik Bergen als Präsident der Parlamentarischen Versammlung verkündet.
Schon fünf Wochen später, am 01.05., trat der erste Senat zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen und dieser Tag jährt sich noch in dieser Legislaturperiode zum siebzigsten Mal. Siebzig Jahre bergische Republik sind eine spannende, bewegte bisweilen erschütternde, alles in allem aber doch sehr erfolgreiche Zeitspanne.
Wenn wir heute vor großen Herausforderungen stehen, fühlen wir uns schnell überfordert, vergessen dabei jedoch schnell, wie überfordert unsere Amtsvorgänger vor siebzig Jahren in ihrem Amt gewesen sein müssen, denn nicht einfach so von heute auf morgen stürzt man ein politisches System um und beginnt mit nichts mehr, als der ambitionierten Erklärung, „dass die Demokratie die einzig zukunftsgerichtete Regierungsform“ sei. Heute wissen wir auch, dass diese Erklärung Wahrheit ist, wir können uns die Demokratie, die Mitbestimmungsrechte des Volkes und die Balance zwischen Minderheits- und Mehrheitsinteressen nicht mehr wegdenken. Aber damals, nach dem Scheitern einer alten Ordnung war das keinesfalls selbstverständlich oder gegeben.
Unser Bergen veranken wir einigen klugen, weisen Köpfen, die als Verfassungsväter oder Verfassungsmütter zu bezeichnen mit fug und recht nicht nur billig, sondern geboten vom Respekt für ihre Lebensleistung ist.
Wir alle stehen in der Pflicht, das Erbe dieser Vorbilder zu wahren und fortzuentwickeln, damit es die Fragen auch des 21. Jahrhunderts mit seinen vielen und bis vor wenigen Jahren undenkbar gewesenen Neuerungen und Fortschritten noch beantworten kann.
Wir alle sind berufen nicht durch Geburt, sondern durch Wahl. Diese Legitimation müssen wir von Zeit zu Zeit erneuern lassen, sie bringt eine Verpflichtung mit sich: Die Verpflichtung, das jeweilige Amt und alle damit verbundenen Rechte und Pflichten unter Einhaltung der Verfassung und der Gesetze gewissenhaft und zum Wohle aller auszuüben. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns, dass wir alles für Bergen geben und in einen lebendigen, demokratischen Meinungsaustausch eintreten, der an Deutlichkeit eben sowenig missen soll wie an Respekt und Anerkennung voreinander und füreinander.
Sie als Senatorinnen und Senatoren sind dieser demokratischen Streitkultur dabei natürlich am meisten verpflichtet, ist doch der Senat das unumstrittene Zentrum unserer bergischen Demokratie. Das letzte Wort steht – abgesehen vom Volk selbst – meist Ihnen zu und das ist gut und richtig so.
Diese Zentrierung auf das Parlament sichert Legitimation und Kontrolle der Staatsgewalt, unabdingbar für die Rechtsstaatlichkeit.
Die Verfassung sieht aber auch vor, dass – unabhängig von der Gesetzesbindung auch dieser - einige Bereiche von anderer Stelle ohne Mitwirkung des Senats geregelt und erledigt werden sollen – das findet dann seinerseits Ausdruck in der lokalen Selbstverwaltung, dem Gesetzesvollzug und der Rechtssprechung – letztendlich aber auch im Amt des Staatspräsidenten.
Als solcher stehe ich heute vor Ihnen in der Rolle des Partners, nicht des Konkurrenten. Wenn die Staatsorgane miteinander streiten, dann mag dies gute Gründe haben, die das Gegenüber nun verstehen und annehmen oder zurückweisen kann und über die sich vortrefflich streiten lässt. Mit den Staatsorganen ist es jedoch wie in einer Ehe: Nach 70 Jahren können wir zwar manchmal immer noch nicht mit, erst recht aber keine Sekunde ohneeinander. Gerne will der eine Ehepartner das letzte Wort haben, der andere es ihm aber im Gegenzug nur ungern lassen – hier ist auch in bestem Hause mal ein Konflikt vorprogrammiert.
Ein reinigendes Gewitter ist wohltuend, solange es sich nicht zu einem gefährlichen Unwetter auswächst – und das ist nach sieben Jahrzehnten bisher immer gelungen, weil wir uns letztendlich auf unseren Kern besonnen haben, uns klargeworden ist, dass des einen Stärke nicht des anderen Schwäche sein muss.
Und so lade ich Sie nun ein, sich zur Ableistung Ihres Amtseides zu erheben, im festen Vertrauen darauf, dass es Ihnen wie mir und unseren Nachfolgern in der Zukunft gelingt, weitere siebzig Jahre miteinander glücklich zu verleben.
Vielen Dank.
endet er schließlich