Kommen wir nun zur Urteilsverkündung...
Strafgericht Omsk
Abteilung: Ri'inStG B. Salfisch
HB vom 24. November 2016 (Strafgericht Omsk, RiStG Hubertus)
Erste mündliche Verhandlung: 06. Dezember 2016
Schluss der Hauptverhandlung: 04. März 2017
Omsk, 09. Juni 2017
In dem Strafverfahren
gegen
E U L E N S T E I N, Ulrich, Omsk
- Verteidigerin: Dr. M. Eulenstein, Omsk
wegen
- Freiheitsberaubung zum Nachteil des verstorbenen Edmund Reuter in einem besonders schweren Fall, strafbar gemäß § 45 Abs. 2 StGB
- Widerstand gegen die Staatsgewalt, strafbar gemäß § 32 Abs. 1 StGB
- Sachbeschädigung zum Nachteil des Polizeipräsidiums Sebnitz, strafbar gemäß § 52 Abs. 1 StGB
- Körperverletzung, strafbar gemäß § 41 Abs. 1 StGB
- in tateinheitlicher Begehung -
hat das Strafgericht Omsk in öffentlicher Sitzung vom 08. Juni 2017 durch die Richterin des Strafgerichts Salfisch für Recht erkannt:
Im Namen des Volkes
URTEIL
- Der Angeklagte Ulrich Eulenstein ist schuldig einer Freiheitsberaubung in einem besonders schweren Fall (§ 45 Abs. 2 StGB) und eines Widerstandes gegen die Staatsgewalt (§ 32 Abs. 1) in Tateinheit mit einer Sachbeschädigung (§ 52 Abs. 1 StGB). Der Angeklagte ist nicht schuldig einer tateinheitlichen Körperverletzung.
- Der Angeklagte wird verurteilt wegen der Freiheitsberaubung in einem besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und wegen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt in Tateinheit (§ 19 Abs. 1 StGB) mit Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Aufgrund von Tatmehrheit (§ 19 Abs. 2 StGB) wird auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren erkannt.
- Auf die Freiheitsstrafe ist die seit dem 10. November 2016 fortdauernde Untersuchungshaft anzurechnen. Sie endet daher - vorbehaltlich einer Unterbrechung der Vollstreckung - spätestens am 10. November 2022. Die Vollstreckungsleitung wird der Staatsanwaltschaft Omsk übertragen.
- Die Kosten des Verfahrens werden durch Bescheid der Gerichtskasse nach folgender Maßgabe festgesetzt: Soweit der Angeklagte verurteilt ist, trägt er die Kosten des Verfahrens. Soweit er freigesprochen ist, fallen die Kosten der Staatskasse zu Last. Die dem Angeklagten teilweise zu erstattenden Auslagen werden mit den zu tragenden Kosten verrechnet.
I.
1. Die Anklage der Staatsanwaltschaft Omsk wurde durch des Gericht zugelassen, die Ladung zu Beginn der Hauptverhandlung am 06.12.16 ist fristgerecht ergangen, ebenso die Ladung zu allen weiteren Terminen. Zu Beginn der Hauptverhandlung wurde der Angeklagte zu seinen Personalien befragt und ordnungsgemäß belehrt.
2. Der Sachverhaltsvortrag der Staatsanwaltschaft stützt sich im Wesentlichen auf Aufnahmen der
Überwachungskamera am Tatort, der Kaserne Sebnitz und die Protokolle der beteiligten Beamten des Polizeidienstes sowie der Bergenwehr. Danach stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar:
Der Angeklagte verschleppte den Edmund Reuter unter Anwendung von Gewalt (und unter Vorhalt einer bei der späteren Fahrzeugdurchsuchung gefundenen Schusswaffe) zur Kaserne in Sebnitz und versuchte den mutmaßlichen Terroristen - im Tausch gegen den - bei der Bergenwehr unbekannten "Oberstleutnant Kerkhofs" an die Bergenwehr "auszuliefern".
Nachdem er von der daraufhin herbeigerufenen Polizei - Beamte des Präsidiums Sebnitz - vorläufig festgenommen und in den Streifenwagen verbracht worden war, trat er mit dem Füßen eine der hinteren Scheiben des Streifenwagens ein. Dazu erklärte er den Beamten vor Ort, er sei zur Flucht berechtigt und würde für den entstandenen Schaden aufkommen, leistete weiter körperlichen Widerstand und musste unter Einsatz unmittelbaren Zwangs gesichert werden.
Die Verschleppung des Reuter räumte der Angeklagte - im Beisein seiner Verteidigerin und ordnungsgemäß belehrt - bei der Befragung durch Beamte des Regionalpolizeipräsidiums Omsk (die durch eine
Vernehmungsaufnahme nachgewiesen ist) ein und lies sich darüber hinaus weitergehend ein. Die daraus sich ergebenen weiteren Ereignisse ließen sich jedoch trotz ausführlicher Ermittlungen nicht nachweisen und haben weder zu Gunsten des Angeklagten, noch zu seinen Lasten in der Anklage Verwendung finden können.
Schließlich wurde mit dem Angeklagten eine Verfahrensabsprache getroffen, die sich auf die Gegenstände der Anklage bezog.
3. In seinen Einlassungen zu Verfahrensbeginn bestritt der Angeklagte die Taten nicht in der Sache, wohl aber ihren Unrechtsgehalt. Er legte dar, der Verstorbene Reuter verdiene als - mutmaßlicher - Verbrecher nicht den Schutz der Rechtsordnung und wolle den entstandenen Sachschaden ersetzen.
4. Die Staatsanwaltschaft sah sich wegen der fehlenden Unrechtsbewusstseins des Angeklagten dazu veranlasst, die Verfahrensabsprache nicht länger aufrecht zu erhalten.
II.
1. In der Beweisaufnahme bestätigte insbesondere der Zeuge POK Josef Herschhuber (PP Sebnitz), der den von der Staatsanwaltschaft referenzierten Einsatzbericht verfasste und diesen gegenüber dem Gericht noch einmal in vollem Umfange bestätigte, was den Sachverhaltsvortrag der Staatsanwaltschaft stützt. Auf Befragen der Verteidigung legte er dar, dass das Vorgehen im Rahmen der Verhaftung des Angeklagten allen geltenden Vorschriften entsprochen habe.
2. Vorbringen der Verteidigung gerichtet auf den angeblichen Einsatz von sogenannten "Wahrheitsdrogen" im weiten zeitlichen Vorfeld der Ereignisse durch die Bergenwehr konnten durch den Herrn PD Dr. Petersen, Fleischingen, unter dessen Leitung der Angeklagte behandelt worden war, ebenso ausgeschlossen werden wie erhebliche psychische Störungen.
3. Die Verteidigung vermochte durch ihr Vorbringen selbst im Ansatz nicht, die Authentizität der Aufnahmen der Überwachungskamera zu erschüttern, die gutachterlich bestätigt ist. Diese wurden daher vom Gericht als Beweismittel erhoben und bestätigten den Sachverhaltsvortrag der Staatsanwaltschaft.
4. Die Staatsanwaltschaft beantragt eine Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren, die Verteidigung beantragte Freispruch.
III.
1. Der Anklagevorwurf der mit dem Widerstand gegen die Staatsgewalt ebenfalls in Tateinheit stehenden Körperverletzung konnte im Verfahren nicht einmal ansatzweise nachgewiesen werden, der Angeklagte ist insofern freizusprechen. Im Übrigen ist der Sachvortrag der Staatsanwaltschaft substantiiert und war in der Beweisaufnahme zu belegen.
2. Die Verteidigung vermochte die Beweisführung der Anklage nicht zu erschüttern, vielmehr stellte sie sich als eine Leugnung des Unrechtsgehalts dieser Taten dar, weil sich diese entweder nur gegen ersetzbare Sachen oder bereits verstorbene - so wörtlich - "Subjekte" (den mutmaßlichen, aber weder angeklagten, noch verurteilten Geschädigten der Freiheitsberaubung Reuter) richteten. Sie verwies mehrfach auf die Bereitschaft zu einer zivilrechtlichen Schadenswiedergutmachung, die die strafrechtliche Sühne aber nicht entbehrlich machen und vorliegend wegen des fehlenden Unrechtsbewusstseins auch nicht wesentlich strafmildernd gewertet werden können.
3. Die Staatsanwaltschaft hat im Rahmen ihres Vorbringens schlüssig dargelegt, dass - auch unter Betrachtung des Verhältnisses des Angeklagten zu seiner Tat - eine Freiheitsstrafe auch für die Sachbeschädigung an dem Polizeifahrzeug tat- und schuldangemessen ist. Das Delikt steht mit einem Widerstand gegen die Staatsgewalt in Tateinheit, das einen Strafoberrahmen von drei Jahren vorsieht. Nach Beweiswürdigung des Gerichts stellt der konkrete Sachverhalt keine Tat mittlerer Schwere mehr dar, erreicht jedoch auch nicht den schwersten vorstellbaren Verlauf - insbesondere trat zwar ein Sachschaden ein, es wurde jedoch gerade kein Beamter oder anderer Beteiligter verletzt. Dementsprechend scheint eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren angemessen.
4. Bezüglich der Freiheitsberaubung erkennt das Gericht in den Umständen der Begehung einen besonders schweren Fall, da der Angeklagte sein Opfer in einer einem Menschenhändler ähnlichen Weise zum Austausch anbot und zudem eine Waffe verwendete. Der eingetretene Tod im Rahmen polizeilicher Maßnahmen hat der Angeklagte jedoch nicht zu vertreten, zudem blieb sein Ansinnen unerfüllt. Weitere Qualifikationsmerkmale einer besonderen Schwere liegen nicht vor, sodass die konkrete Tat am unteren Ende der möglichen Spanne eines Delikts von besonderer Schwere anzusetzen ist. Dementsprechend scheint eine vierjährige Freiheitsstrafe hier tat- und schuldangemessen.
5. Die angeklagten Delikte sind gemeinsam abzuurteilen und eine Gesamtfreiheitsstrafe durch Addition zu bilden. Milderungsumstände kann das Gericht nicht erkennen. Dementsprechend ist die Freiheitsstrafe verhängt und ihre Vollstreckung angeordnet.
Hinweis auf Rechtsmittel
Gegen dieses Urteil des Amtsgerichtes Omsk - Strafgericht - ist das Rechtsmittel zulässig. Das Gericht lässt gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 1. Alt. Justizverfassungsgesetz die Sprungrevision zum Bergischen Gerichtshof zu. Diese ist binnen einer Woche (§ 11a Abs. 7 S. 1 Allgemeine Prozessordnung) zu erheben und soll begründet werden.
So verkündet in öffentlicher Sitzung des Gerichts.
gez. Salfisch, Richterin des Strafgerichts